Jean-Philippe Rameau (1683-1764)
Suiten aus Zaïs & Hippolyte et Aricie
L’Orfeo Barockorchester
Michi Gaigg, Leitung
Zaïs, ballet héroique RCT 60 (1748) &
Hippolyte et Aricie, tragédie en musique RCT 43 (1733, 1742, 1757)
Orchestersuiten
(Capriccio / Crystal Classics 2011)
Detailversessen
[…] Diese Musik ist ein Terrain, auf dem sich die Qualitäten des L’Orfeo Barockorchesters optimal darstellen lassen. Die Ouvertüren und zahlreichen Tanzsätze der beiden Suiten mit ihrem für die damalige Zeit üppigen Klangfarbenreichtum werden vom dem in Linz beheimateten Ensemble kongenial zum Klingen gebracht.
Inzwischen ist ja auch L’Orfeo weit über die Barockzeit hinaus bis zu Schubert vorgedrungen, und so verbinden sich in ihrem Spiel barocke Akzentuierungen und markante Tanzrhythmik mit einem hohen Maß an Klangsinnlichkeit, wobei Letztere insbesondere Sätzen wie der das Chaos vorstellenden Ouvertüre zur Zaïs-Suite zugutekommt. Nicht nur ist Rameau in dieser Musik seiner Zeit voraus, seine Interpreten folgen ihm auf diesem Weg. Höfische Eleganz, nahezu folkloristische Bodenständigkeit und eine gute Portion kompositorischer Vision und Finesse geben sich in diesen Suiten ein Stelldichein, und das L’Orfeo Barockorchester unter der kenntnisreichen Leitung von Michi Gaigg beleutet alle diese Facetten mit gleicher Intensität.
Fono Forum, Arnd Richter, Juli 2011Michi Gaigg und ihre „orpheischen“ Mitstreiter gehen in beiden Suiten mit einem tänzerischen Elan, einer rhythmischen Präzision und Klarheit zu Werke, dass man sofort angesteckt wird von ihrer Spielfreude und gar nicht genug bekommen kann von diesen raffinierten, kurzweiligen Orchesterminiaturen, die uns die ganze Pracht und das Lebensgefühl einer längst vergangenen höfischen Kunstform nahebringen. Das lichte, transparente und detailreiche Klangbild passt sehr gut zur „Klarheit“ der Musik.
Attila Csampai, HIFISTATEMENT netmagazine, 15. Juni 2011 / stereoplay 26. Mai 2011Emanzipation der Bläser
Mit Jean-Philippe Rameau begann die Geschichte der Symphonie: Jordi Savall und Michi Gaigg mit zwei neuen CD-Produktionen seiner Instrumentalmusik.
[…] Obwohl Paul Bekker in seinem zum Klassiker gewordenen Buch „Das Orchester“ von 1936 dessen Geschichte erst mit Joseph Haydn beginnen ließ, kam er nicht umhin, einzuräumen, dass Rameau schon um 1750 die Orchesterbesetzung verwendete, „mit der Beethoven fünfzig Jahre später arbeitete“. […] Rameau geht es um den Klang in all seinen Mischungen als Mittel der Differenzierung musikalischer Gedanken und um architektonische Gliederung durch Farbwechsel. Das ist symphonische Arbeit avant la lettre und Intelligenz ohne Worte. Man wundert sich da ganz und gar nicht mehr, dass Mozart seine wichtigsten Impulse zur Emanzipation der Bläser im Orchestersatz aus dem Paris-Aufenthalt von 1777 und 1778 bezog, wo auch seine verschollene Sinfonia concertante für Flöte, Oboe, Horn und Fagott entstand. Bereits Rameau hatte die Bläser davon befreit, die Streicher nur zu verstärken oder ihnen lediglich kurze Glanzlichter aufzusetzen.
Im Klangbild unterscheiden sich Savall und Gaigg stark. Während Savall durch reich ausdifferenzierte Mittelstimmen einen erdig-warmen Ton erzeugt, zielt die Österreicherin mit stark betonten Flöten und Violinen in die Höhe. […] Michi Gaigg liebt es strenger, silbriger, höfischer. Aber auch sie trifft die Zwischentöne, etwa in der „Ritournelle“ aus „Hippolyte et Aricie“. Dieses Fugato verdreht, wie später mancher Kanon von Schumann, Grazie und Tapsigkeit so ineinander, dass sie unentwirrbar sind, aber dem Herzen nahe.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, Jan Brachmann, 8 September 2011[…] auch auf Michi Gaiggs neuer CD gehen historisch informierte Lesart, leidenschaftlicher Ausdruck und rhythmischer Schwung eine ideale Symbiose ein.
kulturradio rbb – CD der Woche, Jan Ritterstaedt, 6. Juni 2011Musik ohne Effekthaschereien
[…] 1748 hat Rameau dieses Ballett [Zais] geschrieben, […] hat sorgfältig Klangkontraste gesetzt, die das L’Orfeo Barockorchester mit seinem kräftig zupackenden Musizierstil auskostet […].
hr2 kultur CD-Tipp, Christiane Schiemann, 24. Mai 2011„Diese Oper enthält genügend Musik, um daraus zehn zu schaffen“, soll ein Zeitgenosse über Jean-Philippe Rameaus erstes Bühnenwerk „Hippolyte et Aricie“ gesagt haben, das der Komponist immerhin erst mit 50 Jahren vorgelegt hat. Der Übernacht-Erfolg war für den aus einer Organistenfamilie stammenden Rameau genauso überraschend wie gewinnbringend. Das Bühnenwerk enthält herabschwebende Götter, Szenen aus der Unterwelt oder aus bösen Träumen und Stürme. Um Rameaus ballettlastige Musikdramen auch musikalischen Ohren von heute zu präsentieren, dazu bedarf es Frische, einer umwerfenden Spielleidenschaft, klanglichen Farbenreichtums und tänzerischer Leichtigkeit. Michi Gaigg und ihr L’Orfeo Barockorchester beweisen mit dieser Einspielung der Orchestersuiten von „Hippolyte et Aricie“ und „Zais“, dass sie genau die Richtigen dafür sind.
mdr Figaro, CD-Empfehlungen, Beatrice Schwartner, 16. Mai 2011[…] Hier spielt das Linzer Barockorchester L’Orfeo unter seiner Primaria Michi Gaigg aber auch wieder edelst und verliebt in die vielen Details, die die meisterliche Musik unter der glänzenden Oberfläche verbirgt. 15 Jahre besteht das Ensemble nun, hat so ziemlich alles an Preisen eingeheimst, was es gibt, und zeigt sich kein bisschen saturiert. Rameau mit seinen Orchestersuiten, die zum Tanz einluden oder Schauspiele dekorierten, klingen frisch wie selten. Und wenn’s gewittert oder gar Furien wüten, erschauert man in wohlingem Amüsement.
Aachener Nachrichten, Armin Kaumanns, 7. Mai 2011Klang- und Körperbetont
Eine Rameau-Kreation mit deutsch-italienischem Zungenschlag! Das österreichische L’Orfeo Barockorchester hat unter der Leitung seiner ersten Violinistin Michi Gaigg eine rhythmische pointierte und kraftvoll artikulierte Einspielung zweier Opernsuiten vorgelegt. […]
Vor allem der packende Zugriff der kräftig besetzten, virtuos aufspielenden Streicher verleiht den Sätzen Energie und Schwung; auch in den langsamen Stücken spürt man die Spannung. Typisch französisch: Ober- und Unterstimmen dominieren. Der brillante, körperhafte Ansatz des Ensembles betont diese Gewichtung noch, ohne dass es aufdringlich wirken würde. […]
Musikanisch.de, Georg Henkel, Mai 2011